Eine "grande dame" verabschiedet sich aus der Politik

Heidi Grau hinterlässt viele Spuren – als langjähriges Grossratsmitglied, als ehemalige Präsidentin der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission, als höchste Thurgauerin, als Gemeindepräsidentin, als verdientes Parteimitglied, als Schafferin und Kämpferin. Zahlreiche Erfolge durfte Heidi Grau während ihrer politischen Laufbahn feiern. Den persönlich grössten Sieg erzielte sie als 22-Jährige. Mit eisernem Willen hat sie die lebensbedrohliche Krankheit, durch welche sie monatelang fast vollständig gelähmt war, überwunden.

Verantwortungsgefühl, Demut, Verlässlichkeit, Fleiss, Kompetenz, Klarheit, Enthusiasmus: Heidi Grau lebt es in allen Facetten vorbildlich vor. «Bevor ich einen Chef bekomme, der mir nicht passt, versuche ich es lieber selbst», sagte sich die im Fürstenland aufgewachsene Gemeindeschreiberin von Zihlschlacht-Sitterdorf vor bald 22 Jahren. Gegen die Konkurrenz von zwei im Dorf aufgewachsenen Männern setzte sich die «Auswärtige» im Jahr 2000 in den Wahlen um das Gemeindepräsidium Zihlschlacht-Sitterdorf aufgrund ihrer Fachkompetenz durch.

Ferientage in Frauenfeld und Weinfelden

Vier Jahre nach ihrem Amtsantritt als Gemeindepräsidentin wurde Heidi Grau in den Kantonsrat gewählt. «Meine Gemeinderatskollegen gaben mir diesen Freiraum.» Die Bedingung, es müsse zulasten ihrer Freizeit und Ferien gehen. «Ich habe es keinen Moment bereut und genoss meine «Ferientage» in Frauenfeld und Weinfelden über all die vielen Jahre.» Vollen Einsatz gab die Verwaltungsökonomin, die stets ohne Partikularinteresse politisierte, trotzdem. Höhepunkte waren für sie jeweils die Fraktionssitzungen. «Verschiedene Meinungen unter Gleichgesinnten, wertvoller kann ein Austausch nicht sein», blickt sie zurück. Ihre erste Motion im Rat trug sie vor bald 17 Jahren mit einem Kribbeln im Magen vor. Ihr ideales Gegenmittel: «Seriös vorbereitet lässt es sich auch vor grossen Herausforderungen gut schlafen.» Und noch ein Geheimrezept verrät sie: «Mit Freude politisieren verleiht Flügel.» So schaffte sie es, auch als Grossratspräsidentin nach einer reich befrachteten Ganztagessitzung im Kantonsrat am gleichen Abend noch eine komplexe Gemeindeversammlung zu führen.

Vorbild sein

Das Jahr als höchste Thurgauerin sei trotz der aussergewöhnlichen Herausforderungen, die ausgerechnet in jenem Jahr unerwartet hereinbrachen, sehr erfüllend gewesen. «Den facettenreichen Kanton Thurgau und damit die Thurgauerinnen und Thurgauer noch besser kennen zu lernen, gab mir sehr viel.» Als «Zahlenmensch», wie sich Heidi Grau selbst bezeichnet, haben ihr die acht Jahre als Mitglied der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission, welcher sie zwei Jahre als Präsidentin vorstand, ebenfalls viel bedeutet. Was sie selbst gibt, erwartet sie von anderen. Ihre Mitarbeitenden führt sie streng nach dem Motto: «Fördern und Fordern.»

Enthusiasmus ist ansteckend

In der FDP Thurgau hat die 62-Jährige grosse Verdienste erworben. Mit ihren Engagements für die Gemeinde, den Kanton und ans Herz gewachsene Institutionen war die ausgebildete Treuhänderin zudem noch Bezirkspräsidentin. Zweimal stellte sie sich als Nationalratskandidatin zur Verfügung. Und am aktuell laufenden Verjüngungsprozess der FDP Thurgau ist sie ebenfalls beteiligt. Als Mitglied im Ausschuss zur Neubestellung des kantonalen FDP-Präsidiums überzeugte sie im vergangenen Jahr den heute amtierenden Parteipräsidenten, Gabriel Macedo, wohl unter anderem mit ihrem Enthusiasmus.

Ein zweites Leben bekommen

So viele Erfolge die Politikerin in ihrer Karriere auch verbuchen konnte, ihren grössten Sieg errang sie als 22-Jährige. Bewegungsunfähig, gelähmt und mit ungünstigster Prognose schaffte sie es nach zwei Jahren aus eigener Kraft zurück in die Normalität. Wohl auch ein Grund, weshalb Heidi Grau heute nicht mehr so schnell etwas aus der Bahn wirft.

Dank für grosse Verdienste

Nach 21 Jahren als Gemeindepräsidentin und 17 Jahren im Kantonsrat sagt Heidi Grau der Politik Adieu. Fortan will sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Peter vermehrt ihrem zweiten Hobby, dem Golfsport, frönen und getreu ihrem Lieblingslied «My way» ihre Wege gehen. Die FDP Thurgau dankt Heidi Grau für ihr grossartiges Engagement und wünscht ihr für die Zukunft alles Gute.